Am 14. Februar 1989, dem Valentinstag, wurde ich von der Stasi erkennungsdienstlich in der Andreasstraße in Erfurt erfasst. (https://andreasstrasse.de)
Die erkennungsdienstliche Vorgehensweise der Stasi bei einer Festnahme umfasste eine Kombination aus polizeilichen und geheimdienstlichen Methoden, die weit über normale rechtliche Grenzen hinausgingen. Bei Festnahmen, oft von politisch Andersdenkenden, ging die Stasi systematisch vor: Nach der Festnahme erfolgte oft eine Verbringung in Untersuchungshaftanstalten, wo in der Regel ein langes Verhör mit Schlafentzug und Einschüchterung begann. Die Festgenommenen wurden wiederholt befragt, oft auch nach ihrem Umfeld und ihren politischen Kontakten. Die Stasi konnte dabei auch Druckmittel wie Drohung, Erpressung oder Fälschung einsetzen, um Geständnisse zu erlangen. Eine unabhängige Kontrolle oder gerichtliche Instanz zur Überprüfung gab es nicht.

Im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung wurden bei den Festgenommenen Merkmale wie Fingerabdrücke, Lichtbilder und besondere körperliche Merkmale (z. B. Tätowierungen, Narben) dokumentiert. Diese Maßnahmen dienten der Identifizierung und waren Teil des repressiven Kontrollinstruments des MfS. Die Vernehmungen fanden oft unter Anwendung körperlichen und psychischen Drucks statt, um die Kontrolle über die Betroffenen zu sichern und politisch unliebsame Personen zu isolieren.
Das eigentliche Verhör ist ein psychologisch geplantes Kräftemessen. Die Befragungen ziehen sich häufig über Tage hin. Stasi-Mitarbeiter setzen Schlafentzug, Androhungen und permanentes Einschüchtern ein, um den Widerstand zu brechen und belastende Aussagen zu erzwingen. Jede Vernehmung wird minutiös protokolliert. Es geht nicht nur um Fragen und Antworten, sondern um das ganze Zusammenspiel aus Gestik, Mimik und Reaktionen des Gefangenen. Die dokumentierten Details bilden eine Art Landkarte der psychischen Verfassung und dienen als weiteres Werkzeug der Kontrolle.
Die Haftbedingungen sind dabei kein Nebenprodukt, sondern ein bewusst eingesetztes Mittel – Isolation, fehlender Kontakt nach außen und permanente Überwachung verstärken den psychischen Druck zusätzlich. Alles zusammen schafft ein System, das den Einzelnen individuell zersetzt und gleichzeitig die politische Hegemonie der DDR sichert.
Die Stasi arbeitete dabei eng mit anderen staatlichen Sicherheitsorganen zusammen (z.B. Transportpolizei, Volkspolizei) und nutzte die erkennungsdienstlichen Verfahren als Teil eines umfassenden Überwachungs- und Repressionssystems, das auf Angst und Einschüchterung basierte. Die Festnahme war häufig nur der erste Schritt umfassender Kontroll- und Zersetzungsmaßnahmen gegen die Betroffenen und ihre sozialen Netzwerke [1][4][16].
Kurz zusammengefasst:
- Nach Festnahme erfolgten Verbringung in Untersuchungshaft und Verhöre mit hoher psychischer Belastung (Schlafentzug, Einschüchterung).
- Erkennungsdienstliche Maßnahmen umfassten Fotografieren, Fingerabdrücke, Erfassung besonderer körperlicher Merkmale.
- Stasi überschritt oft rechtliche Grenzen, setzte Druck, Erpressung und Fälschungen ein.
- Keine unabhängige Kontrolle, Durchführung gemäß politischer Linie der SED.
- Zusammenarbeit mit anderen Sicherheitsorganen (Transportpolizei, Volkspolizei) zur Absicherung der Maßnahmen.
Diese Vorgehensweise war Teil der umfassenden repressiven Praxis der Stasi bei der Behandlung von politischen Gegnern und Verdächtigen in der DDR.
Quellen:
- Die Methoden der Stasi – Bundesarchiv
https://www.bundesarchiv.de/assets/bundesarchiv/de/Bildungsmaterialien/Vertiefung_Methoden_der_Stasi.pdf - Stasi-Hafterfahrungen: Selbstvergewisserung und Renitenz https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/330959/stasi-hafterfahrungen-selbstvergewisserung-und-renitenz/
- Die Verhörtechniken der Stasi – Das perfide System
https://www.deutschlandfunkkultur.de/die-verhoertechniken-der-stasi-das-perfide-system-der-100.html - Tod in Stasi-U-Haft – Bundesarchiv
https://www.bundesarchiv.de/themen-entdecken/online-entdecken/themenbeitraege/tod-in-stasi-u-haft/ - Die Stasi: Der DDR-Überwachungsapparat von 1950 bis 1990 | ndr.de
https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Die-Stasi-Der-DDR-Ueberwachungsapparat-von-1950-bis-1990,mfs108.html - Haft in der DDR – Die Gefangenen der Stasi
https://haft-ddr.de - Privatsphäre – Demokratie statt Diktatur
https://www.demokratie-statt-diktatur.de/stasi-und-die-menschenrechte/privatsphaere/ - Protokoll über die Vernehmung Hans-Jürgen Bäckers
http://www.stasi-mediathek.de/medien/protokoll-ueber-die-vernehmung-hans-juergen-baeckers-nach-seiner-einreise-in-die-ddr/blatt/25/ - Wo die Wende nicht stattfand: In U-Haft bei der Stasi | ndr.de
https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/wende/Wo-die-Wende-nicht-stattfand-In-U-Haft-bei-der-Stasi,stasiknast100.html - Politisch gefangen – DDR
https://www.zeitklicks.de/ddr/das-system/ueberwachung-und-unterdrueckung/politisch-gefangen - Staatssicherheit
https://www.bundesarchiv.de/themen-entdecken/online-entdecken/staatssicherheit/

